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Kreislaufwirtschaft für eine bessere Zukunft – Das Cradle to Cradle®-Konzept

Das Thema Nachhaltigkeit prägt unser Leben in vielen Bereichen und wird zunehmend zu einem zentralen Wirtschaftsfaktor. Durch die digitale Transformation etabliert sich der Nachhaltigkeitsgedanke in immer mehr Industrien und inzwischen sprechen wir bereits von Nachhaltigkeit 4.0.

Author

Brigitte Bernhardt

Munich-based writer on architecture

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Kreislaufwirtschaft für eine bessere Zukunft – Das Cradle to Cradle®-Konzept
Im Düsseldorfer Medienhafen entsteht mit "The Cradle" das erste Holzhybrid-Bürogebäude in der Stadt

Dieser Artikel gehört zur Collection Nachhaltigkeit

Zur Themenseite
Nachhaltigkeit 4.0.: Konzepte für die Baubranche

Auch in der Baubranche ist das Thema inzwischen angekommen. Dank Gesetzesvorgaben wie beispielsweise der Energieeinsparverordnung in Deutschland und dem gesellschaftlichen Bewusstsein, Stichwort Klimawandel, finden die Erkenntnisse aus Forschung und aus Pilotprojekten nach und nach auch in der Praxis Anwendung.

Doch wir könnten schon viel weiter sein. Der Wissenschaftler Professor Michael Braungart hat bereits Ende der 90er Jahre zusammen mit dem Architekten William McDonough das Cradle to Cradle-Konzept (C2C) entwickelt: eine Idee, die das Zeug hat, nicht nur den Bausektor zu revolutionieren. Cradle to Cradle® (deutsch: von der Wiege bis zur Wiege) ist gewissermaßen die Königsdisziplin unter den Nachhaltigkeits-Konzepten. Denn bei diesem Ansatz geht es um mehr als nur das Bestreben, der Umwelt möglichst wenig zu schaden. Nicht Ressourcenschonung, Energieverbrauch oder Recycling stehen im Fokus. Vielmehr wird ein neues Denken propagiert, ein Denken in echten Kreisläufen.

Braungart betont seit jeher, dass wir uns die Natur zum Vorbild nehmen können. Sie spart mit überhaupt nichts, wie er am Beispiel eines Kirschbaumes verdeutlichte: Der bringt Tausende von Blüten hervor, von denen viele irgendwann zur Erde fallen. Dort werden sie zu Nährstoffen für den Boden und tragen zu einem stabilen Ökosystem bei. Dieser Überfluss ist keine Verschwendung, sondern sehr nützlich und obendrein noch schön. Genauso dürfen sich laut C2C die Menschen verhalten, anstatt mit permanent schlechtem Gewissen Reduktion und Verzicht zu predigen: Unser ökologischer Fußabdruck muss nicht klein sein, er darf sogar sehr groß sein – wenn es ein positiver ist.

Intelligenter produzieren und wirtschaften

Kurzum, es braucht Produkte, die nicht weniger schädlich sind, sondern nützlich, gesund und profitabel. Dinge, deren Bestandteile in biologischen und technischen Nährstoffkreisläufen zirkulieren können – von der Wiege in die Wiege. Dass sich das Konzept nun auch in Deutschland durchsetzt, laut Braungart im internationalen Vergleich innovationsbremsendes Terrain, liegt auch an der fortschreitenden Digitalisierung. Denn nur Produkte, über deren Zusammensetzung man genau Bescheid weiß, lassen sich digitalisieren. 

Tatsächlich entsteht derzeit im Düsseldorfer Medienhafen ein Gebäude, das nicht nur nach den ambitionierten Prinzipien des Cradle to Cradle-Designs konzipiert wurde, sondern auch mit den digitalen Möglichkeiten von Building Information Modeling (BIM) optimiert ist. "The Cradle", ein Entwurf von HPP Architekten, beeindruckt jedoch nicht nur durch seine inneren Werte. Das Bauwerk der INTERBODEN GmbH & CO. KG mit einer markanten Fassade aus V-förmigen Stützen ist auch architektonisch gelungen. Es ist das erste Holzhybrid-Bürogebäude in Düsseldorf und hat schon vor Baubeginn mehrere Auszeichnungen erhalten. Das innovative Holztragwerk, das gleichzeitig die Fassade bildet, entstand in Zusammenarbeit mit den Tragwerksplanern Knippers Helbig und den Energieplanern von Transsolar. 

Um die Wiederverwertbarkeit von Materialien zu ermöglichen, sind die Bauelemente reversibel verbunden, sodass sie nach Gebrauch erneut verwendet werden können. Zudem wurden Materialien nach gesundheitlichen Kriterien und Recyclingfähigkeit ausgewählt. 

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Je nach Himmelsrichtung und Kontext zur Nachbarbebauung variiert die außen liegende Konstruktion in Ausrichtung und Tiefe.

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Ein Pass für die Immobilie

Alle Informationen zu den Bauteilen des Gebäudes sind im Building Circularity Passport® hinterlegt. Dieser ist eine Entwicklung der EPEA GmbH – Part of Drees & Sommer. (Das Unternehmen ging 2019 aus der von Michael Braungart gegründeten früheren EPEA Internationale Umweltforschung GmbH hervor.) Der Gebäude-Materialpass enthält auch C2C-Kriterien wie die chemische Beschaffenheit der Materialien und deren ökologische Auswirkung. Sämtliche Planungsdaten können von allen am Bau Beteiligten genutzt werden. Auf diese Weise werden auch die Anforderungen an die Nachhaltigkeit und die Kreislauffähigkeit des Gebäudes für alle Teams verständlich.

Die Daten lassen sich darüber hinaus ganz einfach in BIM integrieren. Dabei ermöglicht Solibri Office den Modellbezug bis auf Elementebene. Mit der nahtlosen Einbindung der Datensätze in Solibri lassen sich die Planungsdaten einfach weiterverarbeiten. Danach können die Ergebnisse mit dem jeweiligen Modell und seinen Elementen rückverknüpft werden. Eine farbliche Hervorhebung der sechs Cradle to Cradle®-Kriterien veranschaulicht die Optimierungspotentiale bis auf Elementebene:

  • CO2-Fußabdruck
  • Gesundheit
  • Materialherkunft
  • Flexibilität
  • Recyclingfähigkeit
  • Trennbarkeit

Die Praxis hat gezeigt, dass die komplexen Zusammenhänge des Themas Cradle to Cradle durch Darstellung im BIM-Modell leichter verständlich sind. Zudem wird die Kommunikation mit allen Planungsbeteiligten verbessert. Die Zukunft hat längst begonnen. Mit konsequentem Umdenken und dem ernsthaften Willen, unsere Planeten zu schützen können wir schon heute Gebäude bauen, die gesund, nachhaltig und wirtschaftlich sind.

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